Ich liebe Tunesien
- metzgabriele
- 30. Okt. 2023
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 3. Juli 2024
Ich habe euch versprochen, das nächste Mal wieder etwas über die Menschen auf unserem Weg zu erzählen. Nun, es ist soweit. Ich gebe euch einen kleinen Einblick in die Welt der Tunesierinnen und Tunesier, wie ich sie erlebt habe und was ich mit ihnen erlebt habe.

Mit Renate ("Wahltunesierin" links oben im Bild) habe ich euch schon bekannt gemacht. Sie hatte richtig viel zu erzählen, was richtig Spaß gemacht hat :)
Dem Tunesier im Bild oben in der Mitte begegnete ich am Markt von Tataouine (Tataouine siehe Blogbeitrag "En Route"). Er fiel auf, weil er jeden Kunden (es waren tatsächlich keine Kundinnen da) in für mich unverständliche, weil arabische, Gespräche verwickelte und dabei unentwegt strahlte. Ich wollte etwas kaufen und nebenbei erfahren, was ihn so fröhlich machte, musste aber einiges an Geduld aufbringen, weil er eben ständig im Austausch mit den Einkäufern war. Ein bisschen erinnert mich diese Situation heute an Renates Erzählung, dass Männer sich beim Einkauf immer vordrängen. Obwohl ich schon allein wegen meiner Kleidung aufgefallen sein muss wie die sprichwörtliche "bunte Hündin", schien ich für den Verkäufer unsichtbar zu sein. Als ich lauthals verkündete, dass ich ihm gern eine Frage stellen würde, eilten plötzlich alle Kunden in alle Himmelsrichtungen davon. Die hatten offenbar alle Angst, ich würde (auch) ihnen eine Frage stellen wollen :D Das Feld war für mich geräumt, der Verkäufer blieb übrig und blickte mich nun eher verdutzt an. Ich erzählte ihm sehr kurz, dass ich für einen "kleinen Beitrag im Internet" gerne wissen würde, was ihn so fröhlich macht. Da lachte er endlich wieder :) Ob mir Tunesien gefallen würde, fragte er mich zurück, ohne mir eine Antwort zu geben. Selbstverständlich und sehr, antwortete ich, worauf er sagte: "Ich liebe Tunesien, mein Land macht mich glücklich."
Ob ich das niederschreiben und ein Foto von ihm machen dürfe, fragte ich. Worauf er freudenstrahlend "Bien sur", sicher doch, sagte und sein schönstes Strahlegesicht aufsetzte.
Kleine Info zwischendurch: Tunesische Männer lassen sich total gern fotografieren!
Der Mann rechts oben im Bild stellte die Freude am Fotografiert-Werden unter Beweis. "Oui," sagte er sofort und ich bekam das schönste Lächeln geschenkt. Ich wurde mutig und stellte ihm die etwas ungewöhnliche Frage, was an Tunesien er am meisten möge. Erstaunlicher Weise schien im die Frage und deren Beantwortung wichtig zu sein. Er dachte nach ... etliche Sekunden lang, während er nebenbei an einem "Corne de Gazelle" arbeitete. Immerhin befand ich mich in einer Patisserie, wo ich eben diese berühmte Süßspeise erstehen wollte. Endlich antwortete er mit Begeisterung: "Alles!" Untermalte dieses tragende Wort mit einer allumfassenden Handbewegung und wiederholte "alles!". In seinem Gesicht spiegelte sich die pure Freude. Was für eine Freude für mich!
Im Souk von Hammamet ereignete sich mit der Tunesierin im Bild unten in der Mitte Folgendes: Ich suchte nach einem kleinen Geschenk für eine unserer lieben Zuhausegebliebenen. Ein Geldtäschchen kam in die nahe Auswahl, ein Gürtel für "meinen" Michael war auch schon fix angedacht. Nun ging es ums Handeln. Im Souk ist Handeln sehr angesagt und gewollt. Feilschen ist Teil des Einkaufes, es wird von den Verkäufern in humanem, fairen Rahmen erwartet. Und es macht in eben diesem fairen Rahmen Kunden, Kundinnen und Verkäufern gleichermaßen Spaß. Gesetzt den Fall, es wird auch am Spaß fest gemacht und artet nicht in exzessiver Feilscherei bis zur beidseitigen Frustration aus. Das kennen wir alle ja, haben wir alle schon mal erlebt in einem der orientalischen Länder.
Nun, ich sprach vorhin von den Verkäufern. Überraschung! Ich war in einem Laden gelandet, wo es einen ebensolchen, aber auch eine Verkäuferin gab. Und als ich mich ans Ausverhandeln eines für alle gefälligen Preises machte, meinte der Verkäufer, dieses übernehmen zu müssen. Ich, ganz die mutige Feministin, sprach: "Ich handle mit der Frau!"
Allgemeine Verwunderung und dann ein gellender Freudenschrei von Seiten der Verkäuferin. "Oh, oh, oh!" Sie packte mich, drückte mich an sich, schüttelte mich, drückte mich abermals und abermals und abermals. Es war, als hätte ein Kind das am meisten gewünschte Weihnachtsgeschenk bekommen. Sie warf Küsse über meine Schultern noch und nöcher. Sie war einfach extrem begeistert :) Ich schlug schließlich einen minimalst herabgesetzten Preis vor, worauf sich der Verkäufer wieder näherte. Ich: "Ich gebe das Geld nur, wenn es bei der Frau bleibt." Wieder großes Strahlen der Verkäuferin, wieder Drücken und Schulterküsschen und die Sache war gebongt: Das Geld landet in ihren Händen. Es ist davon auszugehen, dass der Verkäufer und die Frau Eheleute waren/sind. Also hoffe ich nur, dass ich keine Ehekrise ausgelöst habe. Was soll´s, wird schon gut gegangen sein ;)
Rechts unten im Bild befinde ich mich im Caféina Hammamet. Es ist ein sehr ungewöhnliches, weil modernes Teehaus in Hammamet in eher italienischem Stil. Michael und ich sind eingekehrt, weil wir das immer tun, wie ihr schon an anderer Stelle des Blogs nachlesen könnt. Es ist auch unsere Idee, euch besondere Locations zu zeigen, für die wir gerne eine Empfehlung aussprechen. Nun, das Ceféina ist nicht nur ein sehr schönes, gepflegtes Tee-/bzw. Kaffeehaus, das nebst den genannten Getränken auch Frühstück, Imbiss und Süßspeisen anbietet, sondern das auch ein überaus freundliches Personal zu bieten hat. Die Kellnerin am Bild hat sofort unsere Nähe gesucht - übrigens so, wie auch ich die ihre gesucht habe, zwecks Ins-Reden-Kommen und Austausch. Ich fragte sie, ob sie Italienerin sei, weil sie mit den übrigen Gästen, die offensichtlich italienischer Herkunft waren, italienisch sprach. Sie zählte lachend auf: "I am a little bit Italian, a little bit Tunesian, an little bit French ... and much more." Wohl auch a little bit British ev. ;)
Ob sie die Inhaberin des Lokals sei, fragte ich dann. "Noooo," sagte sie sanft, "just work here," und schloss mit den Worten "I love working here!"
Das ist absolut spürbar! Deshalb auch diese meine Empfehlung des Cafénia Hammamet!
Und nun zum Foto im Bild links unten. Das ist Waltraud. Sie und ihr Mann Markus haben sich uns angeschlossen und sind auf diesem Trip zu sehr lieben Mitreisenden geworden.
Ich habe Waltraud gebeten, mir ein paar Impressionen der Reise aus ihrer Sicht zu geben. Hier ihre Antwort:
Liebe Gabi, lieber Michael! Auch auf diesem Weg möchten wir uns noch einmal herzlich für die tolle, lehrreiche und spannende Führung durch eure Wüste bedanken. Hier unsere Highlights:
Die schwierigen Passagen in den Dünen zu fahren
Ksar Ghilane - traumhaft, dass man in der Wüste schwimmen kann
Tembain - Besteigung des Berges, Rundum-Blick und die endlose Weite
Zmilet - wo so tolle Ereignisse statt gefunden haben - Schatzsuche, Verlobung, Kochen am Feuer, Geburtstagssong aufnehmen (Anm.: Ein Happy Birthday gesungen von uns allen an ihren Sohn ;) )
Die neue Freundschaft mit Christopher und Melissa (Anm.: die sich später uns anschlossen - nachzulesen in einem der vorherigen Blogs)
Eigentlich alles, was die Wüste betrifft - ein unvergessliches Abenteuer
Nicht zu vergessen - die tollte Zusammenarbeit und der Zusammenhalt in der Gruppe
Hier die Inschriften, die wir im Brunnenhaus Zmilet hinterlassen haben - wie es schon jahrzehntelange Tradition ist.

Und schließlich gibt es noch diese kleine aber feine Geschichte: Wir hatten unsere Fahrzeuge an einem Strand geparkt, um hier die Nacht zu verbringen. Wie ich bereits an anderer Stelle berichtete, patrouillieren in Strandnähe stets die Polizei, die sich in diesem Fall "police touristique" nennt, oder die Garde Nationale.
Beide betonen jeweils, dass sie für die Sicherheit von Touristinnen und Touristen da sind und diese sich immer an sie wenden könnten. Nicht nur einmal stellte ich die Frage, was denn sein könnte, dass sie so sehr auf unsere Sicherheit zu achten bedacht seien. Ich erhielt nur ein einziges Mal eine Antwort, die allerdings mehr wie eine Frage klang:
"La sable peut-etre?" Der Sand vielleicht? Offenbar besteht für beide Sicherheitseinheiten die größte Gefahr wohl darin, dass touristische Fahrzeuge "einsanden" könnten. In diesem Fall würden sie wohl für Hilfe sorgen (müssen).
Nun, an diesem besagten Abend, saßen wir lange gemütlich zusammen und warteten auf die obligate "Visite". Um 22 Uhr gaben wir auf und begaben uns zu Bett. Wohl kein Besuch heute abend ...
Wir schliefen bereits tief und fest, als mit Gehupe die Garde Nationale vorfuhr und uns um 00:30 Uhr jäh aus dem Schlaf riss. Ob wohl eh alles passe? Und bitte einmal die Reisepässe vorzeigen. Während der Eine die Pässe begutachtete, blickte mich der Andere, wohl ob meines verschlafenen (An-)Blicks an und sage dann in fast bedrücktem Ton: "Es tut mir leid, Madame!" In bestem und schönstem Deutsch. Das war überraschend und kam sehr freundlich an! Natürlich bedankte ich mich für sein Mitgefühl und es dauerte nur kurz, bis sich die Herren verabschiedeten.
Am nächsten Morgen, als wir gerade beim Packen waren, tauchte dasselbe Garde-Nationale-Team wieder bei uns auf. Betont freundlich erkundigten die Jungs sich wieder nach unserem Wohlergehen. Wir betonten, dass es uns an nichts fehle, worauf hin, der Wagen mit den Herren sich wieder in Bewegung setzte. Oder vielmehr sich in Bewegung setzen wollte! Er war "ensablée", eingesandet. Sehr peinlich war ihnen das :D
Das war die kleine aber feine Rache für die nächtliche Störung ;)
So geschah es, dass diejenigen, die uns vor dem Einsanden retten sollten, selbst einsandeten. Und so geschah es auch, dass 2 Touristen und 2 Touristinnen die Garde Nationale durch kräftiges Anschieben ihres Fahrzeuges aus einer sehr misslichen Situation retteten.

Leider kein Foto von der Garde Nationale, versteht sich. Aber ein Foto vom Strand :) So, genug Geschichten über die Menschen für die nächste Zeit! Spoiler: Es gibt wieder Geschichten von unterwegs inklusive Reiseroute - alles im nächsten Blog!
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